
ROHRENDORF/KREMS. Bei einem Anschlag auf die Moscheegemeinde in Rohrendorf bei Krems/NÖ in der Nacht auf Mittwoch, 30. Dezember 2015 wurden laut Islamischer Föderation Wien von bisher unbekannten TäterInnen Sprengstoffsätze zur Detonation gebracht, wobei die Fenster der Moschee und Teile des Gebetsraums beschädigt wurden. Es handle sich um Sachschaden am soeben renovierten Gebäude in noch unbekannter Höhe, heißt es in einem Schreiben der Islamischen Religionsgemeinde St. Pölten. Da sich die Tat in der Nacht ereignete, entstand zwar Sachschaden, jedoch wurden „glücklicherweise keine Personen verletzt“, schrieb die Islamische Föderation Wien in einem Online Beitrag. Die Kriminalpolizei ermittelt, Konkretes liege jedoch noch nicht vor.
Text: Michaela Greil, Fotos: © IFWien
IGGIÖ erschüttert.
In einer ersten Stellungnahme zeigt sich die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGIÖ) erschüttert von diesem Vorfall.
„Wir verurteilen diesen schändlichen Akt und hoffen, dass die Täter ausgeforscht werden“
heißt es einem der Redaktion vorliegenden Schreiben von Fuat Sanac, Präsident der IGGIÖ.
Das Vorhandensein von Kirchen, Synagogen, Moscheen und Tempeln sei unabhängig von der persönlichen Gläubigkeit der Menschen Ausdruck des österreichischen kulturellen Selbstverständnisses. An Tagen wie diesen, wo der Zusammenhalt wichtiger denn je geworden sei, dürfen wir uns von solchen Attacken nicht schikanieren lassen, schreibt Sanac. Die IGGIÖ fordere alle Verantwortlichen auf, diese Taten nicht zu verharmlosen und nötige Konsequenzen zu ziehen.
Erinnerung mit unmenschlichem Beigeschmack.
Dieser Anschlag auf ein muslimisches Gemeindezentrum ruft so manche Erinnerungen an Erlebtes oder Erzähltes aus vergangenen Zeiten wach. Diese Erinnerungen sind geprägt von bitterem, unmenschlichem Beigeschmack. Der Vergleich mit dem, was Juden und Jüdinnen im 20. Jahrhundert während der NS-Zeit erleben mussten, liegt nahe. Wurden doch damals u. a. Gotteshäuser und Geschäfte zerstört, von Hass und Rassismus geleitet. Diese unmenschliche Geschichte darf sich nicht wiederholen!
Auch die Politik und die Medien seien aufgefordert, den wachsenden antiislamischen Gewalttaten und Stimmungen offensiv und entschieden entgegenzutreten und alles zu unterlassen, das potentielle TäterInnen zu solchen Taten ermuntere, schreibt die Islamische Religionsgemeinde St. Pölten für Niederösterreich in einer Aussendung am 31. Dezember. Sie verurteile den Anschlag mit große Entrüstung und Abscheu. In Zeiten, in denen in Österreich wieder Gebetshäuser einer Religion angegriffen werden, müsse „Wehret den Anfängen“ ein dringenderer gesellschaftlicher Konsens denn je sein!
Dialog und Frieden.
Der Wunsch nach einem gemeinsamen Leben, geleitet von Menschlichkeit, Frieden und Nächstenliebe ist groß. Gewaltfreiheit ist hierfür die Basis und wünschenswerte Grundlage für das Zusammenleben der Religionen Judentum, Christentum und Islam, welche viele weitere Gemeinsamkeiten haben.
„Wie immer, werden wir für ein friedliches Füreinander, Solidarität und soziale Inklusion stehen und mit allen Kräften im Dialog bleiben“
zeigt sich der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich nach dem Vorfall in der Nacht zum 30. Dezember bestimmt.
Betroffenheit und Sorge: Es geht um Menschenleben.
Betroffen zeigen sich viele Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen in Sozialen Medien. Die Sorge um Mitmenschen steht im Mittelpunkt, die Religionszugehörigkeit wird dabei zur Nebensache. Denn es gehe um Menschenleben. Ein öffentliches Posting der Islamischen Föderation Wien wurde innerhalb weniger Stunden bereits mehr als 300 Mal geteilt. „Einfach nur traurig! Gsd wurde niemand verletzt!“ und „Unmenschlich“ heißt es in den Kommentaren, sowie:
„Ich möchte hiermit meine Solidarität mit unseren muslimischen MitbürgerInnen aussprechen. Was da passiert ist, passierte nicht in menem Namen! Ich hoffe, die TäterInnen werden bald gefasst und wünsche euch alles Gute und viel Glück für die Zukunft!“
Kritik an fehlender Berichterstattung.
Die Frage, warum einen Abend nach dem Anschlag noch kaum medialer Content aufzufinden ist, löst Unmut und Wut in der Bevölkerung aus. KritikerInnen fragen, warum das mediale Interesse an dieser unbegreifbaren Geschichte nicht größer sei, ist dieses Thema doch eines von „öffentlichem Interesse“ mit großer Symbolkraft. Auch die Frage nach einem mutmaßlichen politischen-/Terroranschlag steht im Raum – bis dato unbeantwortet.