
Der Film über die junge Erwachsene, Astrid Lindgren, berührt, regt zum Nachdenken und zum Lachen an.
Von Michaela Greil
„Ich frage mich, warum du so gut darüber schreiben kannst, wie es ist, ein Kind zu sein, obwohl es so lange her ist, dass du selbst ein Kind warst?“
Aus der Fanpost für Astrid
Zu ihrem Geburtstag öffnet eine ältere Dame ein halbes Dutzend Säcke mit Fanpost von Kindern, die Astrid Lindgrens Bücher lieben und der Schwedin zum Geburtstag gratulieren. Die Fragen der Kinder bleiben zunächst unbeantwortet. Dann wird aus dem Leben Astrids erzählt, von ihrer Jugend in der Zwischenkriegszeit, bis zu ihren Erfahrungen als junge Mutter eines Sohnes. Die bewegende Lebensgeschichte beantwortet indirekt einige Fragen. Denn der Film ist „inspiriert von Begebenheiten im Leben Astrid Lindgrens“, geborene Ericsson.
Die 16-jährige Astrid Ericsson steht nachts im Wald und schreit „Guten Morgen, Limonade!“. Zu Hause schimpft ihre Mutter, weil sie mit ihrem Bruder nach Hause gegangen ist, statt eine Stunde früher, weil sie ein Mädchen ist. Als Praktikantin einer Tageszeitung lässt sie sich auf eine Liaison mit ihrem älteren Chef ein, der kurz vor der Scheidung seiner Ehe steht. Sie verlieben sich, Astrid wird mit 18 Jahren unehelich schwanger. Sie bringt ihren Sohn Lasse in Dänemark zur Welt und lässt ihn schweren Herzens bei einer Pflegemutter.
Liebevolle Mutter
Ihr Verlobter wird wegen „Unzucht“ zu einer Geldstrafe verurteilt und lässt sich scheiden. Er macht ihr einen Heiratsantrag, den sie ablehnt – zu groß ist ihr Schmerz über das von ihrem Sohn getrennte Leben. Nach dreieinhalb Jahren wird die Pflegemutter krank. Astrid muss Lasse abholen. Wild entschlossen, eine liebevolle Mutter zu sein, kämpft sie sich als arbeitende Alleinerzieherin durch, unterstützt vom neuen Chef.
Schauspielerin Alba August glänzt in der Hauptrolle der jungen Astrid. Sie vermittelt das Leitmotiv Emanzipation und das Erwachsenwerden ebenso authentisch, wie das Kindsein. Sie ist als junger Wirbelwind mit zwei rot-braunen Zöpfen glaubwürdig und als Mutter mit kürzeren Haaren. August schafft es, das Publikum mit in ihren Kampf gegen Ungerechtigkeiten zu nehmen und in Betroffenheit zu versetzen.
„Astrid“ ist folglich ein emotional packender Film, in dem sich ernste Szenen und humorvolle Momente abwechseln. Der dänischen Regisseurin Pernille Fischer Christensen und ihrem Team gelang ein dichtes, filmisches Werk mit biografischen Zügen einer bemerkenswerten Persönlichkeit. Fischer Christensen erzählt einen unbekannten, prägenden Teil aus Astrid Lindgrens Leben.
Trotz einer Länge von zwei Stunden schafft die Crew eine kurzweilige Erzählung durch ästhetische Bilder, Farbkontraste und weiche, harmonische Lichtsetzung. Die sich langsam bewegende Kamera vermittelt ein Gefühl für die Umgebung und schafft Nähe zu den hervorragenden SchauspielerInnen (u. a. Alba August, Trine Dyrholm, Magnus Krepper). Der Film zeigt, wie die junge Journalistin, Sekretärin und später erfolgreiche Kinderbuchautorin den Kampf um ein selbstbestimmtes Leben als Mutter gewinnt. Der unaufdringliche Soundtrack rundet die Produktion ab.
Infos zum Film (DVD)
Astrid
Inspiriert von Begebenheiten im Leben Astrid Lindgrens: Astrid Anna Emilia Lindgren, geborene Ericsson lebte von 1907 bis 2002 in Schweden. Mit einer Gesamtauflage von etwa 165 Millionen Büchern zählt sie weltweit zu den erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautorinnen und -autoren.
Drama/Spielfilm, 118 Minuten, DCM Film/Universum Film 2018/19.
Beitragsbild: Filmstill (C) DCM Film/Universum Film
Diese Kulturkritik entstand im Rahmen des Kurses „Journalismus als Beruf“ der Katholischen Medien Akademie (KMA) im Sommer 2020 in Wien. Referentin: Dr.in Maria Scholl, Stv. Chefredakteurin/APA – Austria Presse Agentur.