
Wie das Abenteuer begann… wie so oft mit einer Bewerbung.
Am Beginn stand eine Bewerbung für einen „paid-job“ im ORF-ESC-Pressezentrum. Leider war das Team bereits komplett und mir wurde gesagt, ich hätte gute Chancen, als Volunteerin ins Pressezentrum zu kommen, wenn ich das machen möchte. Allerdings müsse ich für mich entscheiden, ob für mich ein Volunteering in Frage kommt, da dies eine große Motivation und „den richtigen Spirit“ brauche.
Mehrere Monate früher.
Tatsächlich begann mein Volunteers-Abenteuer noch viel früher. Nämlich an jenem Abend, als Conchita Wurst beim Eurovision Song Contest (ESC) 2014 in Kopenhagen/Dänemark für Österreich an den Start ging und die Finalrunde des internationalen Musikwettbewerbs für KomponistInnen und SongschreiberInnen für sich entschied. An jenem Abend gewann Conchita Wurst besagten Wettbewerb und brachte den ESC – zum ersten Mal seit 48 Jahren – nach Österreich, denn der nächste Contest wird im jeweiligen SiegerInnenland ausgetragen. Ich sah die Show im Fernsehen und hatte zu dieser Zeit bereits Erfahrungen in einem Mix aus Projekt-/Eventmanagement, Medien-/Öffentlichkeits-/Pressearbeit, Journalismus, Fotografie und Pädagogik gesammelt. Auch zur Veranstaltungstechnik hatte ich einen guten Draht. Großevents und (Groß-)Gruppenleitung waren mir u. a. durch mein Engagement in der Katholischen Jungschar vertraut. Als ich dann sah und hörte, wie das SiegerInnen- und Austragungsland verkündet wurde, dachte ich darüber nach, wie es wohl sein würde, Teil dieses Großen Ganzen zu sein und, dass ich das gerne erleben würde.
So richtig groß wurde mein Wunsch erst einige Monate Später, als mir klarer wurde, welche Auswirkungen dieses TV-Votingergebnis für Österreich hat. Die Motivation wuchs, mein JournalistInnen-Akademieabschluss in der Tasche, meine zweifache Auszeichnung im Journalismus im Jahr 2014 und die positive Resonanz auf meine Firmengründung als Berufsfotografin im September und auf meine unterschiedlichen Tätigkeiten zeigten mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Die bereits erwähnte Bewerbung für den „paid-job“ folgte.
Castings, Wartezeiten und Spannung pur.
Noch am gleichen Tag und nur wenige Zeit nach der Bewerbungsabsage schickte ich via Internet meine zweite Bewerbung an den ORF, dieses Mal für das Volunteering, ab. Ich erhielt eine Einladung zum ersten Casting im ORF Landesstudio Oberösterreich für Anfang Februar. Nach einiger Wartezeit vor Ort, wurden wir in Fünfer-Gruppen zu einem kurzen Gespräch gebeten. Ein kurzer Teil in Englisch folgte, um sicher zu gehen, dass wir uns mit der Sprache wohl fühlen und uns ohne weiteres mit internationalen Gästen verständigen können. Jede/r durfte sich per Unterschrift auf der ESC 2015 Volunteers Casting Wall verewigen. Diese Wand reiste mit dem Volunteers Management Team quer durch Österreich. Insgesamt werden wohl rund 1500 Unterschriften drauf sein, denn so viele Menschen ab 18 Jahren bis ins Pensionsalter hinein haben sich als potentielle Volunteers beworben.

Nach einiger Wartezeit kam dann eine erfreuliche Nachricht: Du bist eine von 1000 BewerberInnen, die zum finalen Casting nach Wien eingeladen sind. Steil. Ich wusste kaum etwas über die anderen BewerberInnen und somit war es für uns alle in gewisser Hinsicht auch ein Abtesten des eigenen „Marktwertes“. Wie weit komme ich? – Wie stehen meine Chancen, rein zu kommen, in den inner circle?
Mitte März im Hotel Park Royal Palace. Finales Österreich Casting der ESC ORF-Volunteers. Warten, anmelden, warten, lächeln für ein Akkreditierungsfoto… Um sich die Wartezeit zu verkürzen entwickelten sich Gespräche mit anderen BewerberInnen aus den unterschiedlichsten Kontexten und Bundesländern. Interessanter Weise kannte ich kaum jemanden, auch nicht vom OÖ-Casting. Warten nach dem Foto und dann zu einem Einzelgespräch in ein Hotelzimmer. Rund 20 Einzelgespräche wurden zur gleichen Zeit in diesem Hotel geführt.

Prozesse, Statistiken und Erkenntnisse.
Warten nach dem Casting… Um die Spannung nicht ins Unterträgliche zu steigern, versuchte ich mich vom Prozess des Wartens abzulenken und stürzte mich in den Endspurt meiner Bakkalaureatsarbeit mit dem Titel „Humanismus in der journalistischen Arbeit. Journalismus im Spannungsfeld zwischen Qualitätsanspruch und Quotendruck“, die ich am 20. März einreichte. Es war eine heftige Zeit zwischen Schreibprozessen, statistischen Auswertungen und wichtigen Erkenntnissen, die nicht nur die Medienbranche, sondern auch die Kirche betreffen. Diese Wochen hätten mehr als sieben 24-Stunden-Tage gebraucht. Sämtliche Nächte wurden zum Tag. Es folgte eine doppelte Korrekturphase inkl. Rücksprache mit meinem Bakk.-Arbeits-Betreuer und dann ging die sehr umfangreiche Arbeit in den Druck. Abgabe fristgerecht am 20. März.
PAUSE.
Ein Limit war erreicht. Ich hatte fünf Wochen lang fast ausschließlich an meiner Bakk.-Arbeit gewerkt und den anstrengenden Bewerbungsprozess am Laufen. Weiters sollten meine Arbeitsfelder in den unterschiedlichen Jobs nicht drunter leiden. Ich gönnte mir eine Pause. Auch von der Wartezeit. Und blendete eine Zeit lang den gesamten Stress rund um Studium, Arbeit und Bewerbungen komplett aus.
Das Ergebnis. Eine aus 800 von über 1500.
Ich konnte es kaum glauben, als ich Anfang April die Nachricht erhielt, ich sei eine aus 800 ORF-Volunteers für den Eurovision Song Contest 2015, die es aus insgesamt mehr als 1500 BewerberInnen weltweit geschafft hätten. WOW.
Kick-Off Meeting.
Am 8./9. Mai folgte ein Kick-Off Meeting mit Kennenlern- und Teambuildingphasen in der Großgruppe mit rund 800 Volunteers, sowie mit Informationen und Ausgabe der Volunteersbekleidung (Schuhe, T-Shirts etc.).
SpringerInnen: Enorm flexibel, rasche Auffassungsgabe, mehrere Einsatzbereiche und Briefings.
Interessanter Weise wurde ich ins Team der SpringerInnen eingeteilt, nicht direkt in den Pressezentrums- und Medienbereich. Unser Job war es, dort mitzuarbeiten, wo Not am Mann, an der Frau war. Das heißt aber auch, dass wir enorm flexibel sein und uns rasch auf unterschiedlichste Arbeitssituationen einstellen mussten. Erst direkt beim jeweiligen Einsatz bekamen wir vor Ort ein Briefing zu den Jobs. Folglich wurden wir im Laufe unserer Einsätze für mehrere Bereiche eingeschult. Nach und nach traf ich ORF-Volunteers, die ich bereits aus dem OÖ-Casting kannte bzw., die auch aus OÖ kommen.
Möglichkeiten, Vereinbarungen und ein spitzen Team.
Bereits während des Bewerbungsprozesses führte ich offene Gespräche mit meiner Chefin und meinem für die Zeit beim ESC eingesetzten Stellvertreter. Sie und mein gesamtes Team bei der Langen Nacht der Kirchen in Oberösterreich standen hinter mir und bestärkten mich in meinem Vorhaben, als ORF-Volunteerin hinter die Kulissen des Mega-Events Eurovision Song Contest 2015 zu blicken. Dank meinem spitzen Team in Linz war es für mich möglich, Linz-Wien zu pendeln und bei beiden Großprojekten mitwirken zu können, ist doch die Lange Nacht der Kirchen mit 29. Mai sehr knapp hinter den Song Contest gelegt. Meiner Chefin, meinem Stellvertreter und meinem gesamten Team in Linz gilt ein großer Dank!
#BuildingBridges.
Building Bridges ist das Motto des 60. Eurovision Song Contest 2015 in Wien. Es ist ein Motto mit viel Inhalt und viel Gestaltungsmöglichkeit. In meinem Leben gehört das Brücken bauen zum Alltag. Es geht darum, Brücken zwischen Menschen, Kulturen, Auffassungen, Sprachen, Musikstilen, Theologien, Inhalten und vielem anderen zu bauen. Während meines Pendelns habe ich es weiters geschafft, Brücken zwischen den beiden Großevents Eurovision Song Contest und Lange Nacht der Kirchen, sowie zwischen meinem Heimatbundesland OÖ und Wien zu bauen. Ich wusste am Anfang nicht zu 100%, ob mir das wirklich gelingen würde. Ich bin einfach mal davon ausgegangen. Ich glaube, es gab Menschen, die es mir auch nicht zugetraut haben, bei beiden Großprojekten parallel mitzuarbeiten und zwischen den beiden Städten zu pendeln. Es gab jedoch einige Menschen in meinem direkten Umfeld, die mir das sehr wohl zugetraut und mich bestärkt haben. Auf diese Stimmen, auf mein Bauchgefühl und auf mein Herz habe ich mich verlassen. Rückblickend war das die richtige Entscheidung. Vielen Dank an meine Familie und meine Freunde, die mich aufgefangen haben, wenn es mir mal nicht so gut ging! Vielen Dank an alle, die mich im Allgemeinen auf diesem Teilstück meines Weges – in den Wochen um den Eurovision Song Contest 2015 – unterstützt haben!!!