BloggerInnen für Flüchtlinge – Menschen für Menschen. (m)ein Beitrag: „Flucht.Perspektiven“

© 2015 Michaela Greil/MIG-Pictures e.U.

FLUCHT.PERSPEKTIVEN
(M)ein Beitrag zur Initiative
#BloggerfuerFluechtlinge – Menschen für Menschen.

DEUTSCHLAND/ÖSTERREICH/EUROPA. Seit meinem Blog-Artikel “Was verdienen Flüchtlinge? – Österreich, ein Land mit Potenzial zur menschenwürdigen Asylpolitik”, der vor knapp einem Jahr Online ging, hat sich vieles verändert. Viele Menschen haben sich miteinander, füreinander oder leider auch gegeneinander intensiver in Bewegung gesetzt. Ich wollte seit einiger Zeit wieder einen Artikel zu dieser Thematik schreiben, weil es aus meiner Sicht so vieles zu sagen gibt.
Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, denn jetzt kommt langsam aber sicher einiges in Fahrt. Nicht nur die Zivilbevölkerung in Europa unterstützt Menschen auf der Flucht. Unter dem Motto #BloggerfuerFluechtlinge bündeln derzeit BloggerInnen ihre Kräfte (http://www.blogger-fuer-fluechtlinge.de/blogger-machen-mit/beitraege) und rufen Online zur Unterstützung von Menschen auf der Flucht auf. Ihren Ausgangspunkt nahm die Initiative südöstlich von Dresden, mittlerweile zieht sie jedoch viel weitere Kreise – über die Grenzen Deutschlands hinaus.

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#BloggerfuerFluechtlinge. Ostia/Italien. Foto: © 2015 Michaela Greil/MIG-Pictures e.U.

Weiters haben sich jetzt sechs große NGOs in Österreich – Caritas, Rotem Kreuz, Diakonie, Volkshilfe, Hilfswerk, Samariterbund – und der als Informations- und Vermittlungsplattform agierende ORF zusammen geschlossen, um gemeinsam überregionaler koordinierte Unterstützung bieten zu können. Aber für mich hat alles viel früher angefangen:

VERSCHIEDENE PERSPEKTIVEN.

Erfahrungen und Erlebnisse prägen uns Menschen, im Positiven wie im Negativen. Verschiedene Kulturen faszinieren mich seit jeher und das Thema Migration begleitet mich beinahe mein ganzes bisheriges Leben. Die 1980er und 1990er Jahre waren Jahrzehnte, die vom Umbruch geprägt sind. Zu dieser Zeit hat sich vieles im sogenannten CEE – Central- & Eastern Europe verändert. Ich wurde demnach in eine Zeit des Umbruchs und des Aufbruchs hinein geboren, mit dem Privileg des Geburtsortes Linz/Österreich. Ich bin mit diesen Umbrüchen aufgewachsen, ohne es aktiv wahrzunehmen. Erst heute, da wieder eine derartige – dieses Mal globalere – Umbruchszeit angebrochen ist, wird mir Stück für Stück bewusst, was das für die Menschen damals bedeutet haben musste. Erst heute, mehr als 20 Jahre später, kann ich erahnen, was damals vor sich gegangen ist und wie das Leben vieler hunderttausender Menschen auf der Flucht ausgesehen haben muss.

Bereits als ich noch ein Kleinkind war, schloss meine Familie Freundschaft mit einer rumänischen Familie mit zwei Kindern. Sie stammte aus Siebenbürgen und floh aus der Unterdrückung des Ceaușescu-Regimes in den 1980er Jahren. Bis heute sind unsere Familien miteinander in Kontakt und fühlen sich einander verbunden.

Später, in der Grundschule, wurde für mich zum ersten Mal deutlich, was es bedeutet, teils traumatisierte minderjährige Flüchtlinge um mich zu haben. Denn eine Familie mit drei Kindern floh während der Ära Milošević in den 1990er Jahren aus dem Kosovo nach Österreich. Sie gehören nicht zu den Wohlhabendsten der Gegend, haben jedoch ihren neuen Lebensabschnitt bisher gut gemeistert. Anfang der Unterstufe schloss ich eine intensivere Freundschaft mit einer jungen Ungarin, die auch über ihren Schulwechsel nach dem ersten Jahr hinaus stand hielt, obwohl es für uns damals nicht einfach war. Wir waren ca zehn Jahre alt, als wir – eine aus verschiedenen Nationen stammende Gruppe – am Stadtrand von Linz bunt zusammen gewürfelt aufgrund einer einzigen Gemeinsamkeit in eine Schulklasse gesteckt wurden: die Liebe zur und die Leidenschaft für Musik. Zumindest phasenweise überwand die Musik die Differenzen und baute starke Brücken. Bis heute bin ich mit einer aus Indien stammenden Österreicherin aus dieser damals nicht einfachen Zeit in Kontakt.

EINE CHANCE, SICH KENNEN ZU LERNEN – EINE CHANCE FÜR UNS ALLE.

Dass es wichtig ist, Menschen eine Chance zu geben und sie kennen zu lernen und, dass dieses Kennenlernen eine Chance für uns alle sein kann, bekam ich aus beiden Verwandtschaftsseiten mit. Zwei Beispiele daraus: Mein Großvater mütterlicherseits nahm in den 1990er Jahren Kriegsflüchtlinge aus dem Kosovo auf, bot ihnen eine Unterkunft an und stand ihnen die erste Zeit zur Seite, um wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen. Anfangs bekam er Unterstützung durch die Pfarre. Durch einen Onkel väterlicherseits lernte ich eine liebens- und bemerkenswerte in Wien lebende polnische Frau und ihre Familie kennen und schätzen.

Beruflich bin ich u. a. mit einer aus Bosnien stammenden Sozialarbeiterin in Kontakt, die in den frühen 1990er Jahren für einen Studienaufenthalt nach Österreich kam und danach aufgrund der verschärften Situation und des aufflammenden Krieges nicht mehr in ihre Heimat zurück konnte. Heute arbeitet sie in einem Flüchtlingswohnhaus und unterstützt Flüchtlinge und AsylwerberInnen beim oft schweren Neustart hier in Österreich.

In den letzten Jahren kam ich immer wieder in Kontakt mit jungen Menschen aus anderen Ländern, die an unserer Universität studieren und mit ihren Ansichten und Denkweisen eine enorm bereichernde Vielfalt in unseren Studienalltag bringen.

DER DIREKTE KONTAKT UND DIALOG: LERNEN FÜRS LEBEN.

Ich habe nicht viel aus der damaligen Zeit in Rumänien unter Nicolae Ceaușescu, aus der Ära Milošević im Kosovo oder aus dem Krieg in Bosnien mitbekommen. Auch haben wir teile dieser Geschichte im Schulunterricht gelernt, sind jedoch in diesem Umfeld nie mit Betroffenen in Dialog getreten. Was ich gelernt habe, konnte ich jedoch mit dem Wissen aus der Schule untermauern und reflexiv betrachten, stammt jedoch aus mehr als 20 Jahren einer offenen Lebensweise gegenüber Anderen und oft Fremden. Was ich durch meine Kontakte im direkten Umfeld weiß, ist, dass niemand von den vor Unterdrückung und Krieg geflüchteten Menschen freiwillig der Heimat fern blieb und bleibt. Es ist viel Angst um das eigene Leben und das der Familie im „Spiel“. Hier zeigt sich, wie wichtig der direkte Kontakt zu anderen Menschen ist. Denn nicht allein aus Theorie und Schulbüchern lernen wir fürs Leben, sondern ganz stark aus der Praxis, dem Alltag miteinander und füreinander.

#BloggerfuerFluechtlinge – Menschen für Menschen ALS STATEMENT FÜR EIN UNTERSTÜTZENDES MITEINANDER
EINE INITIATIVE AUS DEUTSCHLAND GEHT UM DIE WELT.

Wut und Enttäuschung über den Umgang mit Menschen auf der Flucht in Heidenau südöstlich von Dresden haben Bloggerin und Journalistin Karla Paul angetrieben, auch im Netz aktiv zu werden. Ihr schlossen sich Nico Lumma, Stevan Paul und Paul Huizing – unabhängig ihrer derzeitigen Blogging-Themen – an, verschriftlichen ihre persönlichen Beweggründe, Flüchtlingen zu helfen und rufen dazu auf, aktiv zu werden. Jede/r von uns kann etwas tun, ob Geld- oder Sachspenden zu verschiedenen Stellen zu schicken, oder selbst mit anzupacken, wo Unterstützung gebraucht wird. Wichtig ist ihnen ein Statement für ein friedliches und sich gegenseitig unterstützendes Miteinander zu setzen. Gemeinsam haben sie bereits viele BloggerInnen und andere Interessierte mobilisiert und mit rund mehreren Tausend Euro verschiedene Projekte in ganz Deutschland unterstützt.

#BloggerfuerFluechtlinge – WIR ALLE SIND MENSCHEN.

Der Hashtag #BloggerfuerFluechtlinge zieht seit 22. August 2015 (erst seit vier Tagen!) seine Kreise in den sozialen Netzwerken und steht für eine Botschaft, die es Wert ist, weiter zu verbreiten. Denn, wir alle sind Menschen und kommen im Laufe unseres Lebens immer wieder unfreiwillig an einen Punkt, wo wir auf die Unterstützung anderer angewiesen sind. Menschen, die in diesen Tagen aus Syrien, Afghanistan, Ägypten, Libyen und anderen Ländern den weiten Weg und die Strapazen auf sich nehmen, tun das nicht freiwillig, sondern, weil sie es müssen. Sie lassen Familie, Freunde, ihre Heimat, ihr Hab und Gut hinter sich, in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Frieden.

#BloggerfuerFluechtlinge – WICHTIGE HINTERGRUNDINFOS ZU DIESEM BLOGEINTRAG.

“Humanismus in der journalistischen Arbeit. Journalismus im Spannungsfeld zwischen Qualitätsanspruch und Quotendruck” ist das Thema meiner Bakkalaureatsarbeit, die ich 2013 begann und mit 20. März 2015 abschloss. Die Denkweise, dass hinter jeder einzelnen Story Menschen stecken, um die es in Wirklichkeit geht, ist grundlegend für meine journalistische Arbeit.

Vor ca einem Jahr recherchierte ich für meinen Blog-Artikel “Was verdienen Flüchtlinge? – Österreich, ein Land mit Potenzial zur menschenwürdigen Asylpolitik”, der unmittelbar nach seiner Veröffentlichung in mehreren Online-Medien des Roten Kreuzes Oberösterreichs, Österreichs und Deutschlands publiziert wurde. Anstoß dazu war eine zufällige Begegnung mit einem jungen Mann, der aus der Unterdrückung in Afghanistan floh und ein inspirierendes Gespräch während eines Termins in der Wiener Innenstadt, währenddessen die Thematik Finanzierung/Wohlstand/Möglichkeiten/Armut aufbrach. Die Zeit meiner Recherchen entpuppte sich als kleines Abenteuer, bei dem ich von mehreren Menschen unterstützt wurde. Ich dachte: das kann doch nicht alles sein, was unser Land für diese Menschen tun kann. Flucht ist immerhin keine Frage von Freiwilligkeit. Menschenwürdige Flüchtlingspolitik sieht anders aus! (s. Blogeintrag Auszeichnung für tiefgründige und respektvolle Armutsberichterstattung – Zweiter Journalismus-/Medienpreis im Jahr 2014)

In dieser Zeit der Recherche, aber auch danach veränderte sich mein Standpunkt zu Flucht und Asyl noch einmal gravierend, wurde runder und reflektierter. Heute sehe ich manches anders, als vor einem Jahr oder auch vor mehr als zehn Jahren, als ich begann, regelmäßig zu schreiben.

Als ich gestern am Abend von der Initiative #BloggerfuerFluechtlinge las, setzten die Zeilen der vier KollegInnen aus Deutschland etwas in mir in Gang, das so noch nie zuvor zu arbeiten begann. Seit meinem Artikel vor einem knappen Jahr ist viel passiert. Viele Menschen haben sich miteinander, füreinander oder leider auch gegeneinander intensiver in Bewegung gesetzt. Ich wollte seit einiger Zeit wieder einen Artikel zu dieser Thematik schreiben, weil es aus meiner Sicht so vieles zu sagen gibt. Für mich war mein Standpunkt in der Thematik um Flucht und Asyl grundsätzlich immer klar. Er veränderte sich zwar mit der Zeit und wurde reflektierter, reifte, die Grundzüge veränderten sich jedoch nicht.

Was mir heute wichtig ist, lässt sich nicht in ein paar Worten oder Gesten ausdrücken, es braucht eine ganze Lebenshaltung/Lebensweise. In Flucht(Punkt)Perspektiven habe ich gestern und heute versucht, einen weiteren Teil davon nieder zu schreiben. Weil es mir wichtig ist, wesentliche Teile weiter zu tragen und Menschen, die unsere Unterstützung brauchen, nicht im Stich zu lassen. Ein menschliches Miteinander und Füreinander ist wesentlich und wird derzeit verstärkt gebraucht!

Deshalb bin ich meinen KollegInnen Karla Paul, Nico Lumma, Stevan Paul und Paul Huizing aus Deutschland sehr dankbar für dieses starke Statement, das WIR als BloggerInnen gemeinsam setzen und weiter tragen können. Deshalb unterstütze ich als Mensch und in meinen Funktionen als Theologiestudentin, Freie Journalistin und Öffentlichkeitsarbeit, als Bloggerin, sowie als Berufsfotografin und Filmemacherin mit meinem Blog, meiner Präsenz via Facebook und mit meiner Firma MIG-Pictures e.U. die Initiative #BloggerfuerFluechtlinge.

#BloggerfuerFluechtlinge – WAS KÖNNEN WIR TUN?

An dieser Stelle zitiere ich Karla Paul:

Wir bitten Euch um folgendes:

1. Wenn du BloggerIn, VloggerIn oder PodcasterIn bist, schreibe oder sprich zur Flüchtlingssituation. Sag warum es wichtig ist, dass wir uns alle um die Flüchtlinge kümmern und soziales Miteinander eine Selbstverständlichkeit ist. Verweise auf diese Spendensammlung, die “Moabit hilft” zu Gute kommt.

2. Alle anderen: Nutzt Eure Netzwerke und verbreitet diesen Link um auf die Spendenaktion hinzuweisen. Nutzt den Hashtag #BloggerFuerFluechtlinge.


Vielleicht ist dies aber nicht die richtige Aktion für Euch und Ihr habt kein Geld oder keine große Reichweite, evtl wollt Ihr lieber etwas in Eurer Nähe machen, selbst aktiv werden oder seid noch nicht wirklich überzeugt, warum wir alle gegen Nazis und pro Flüchtlinge aufstehen und etwas tun müssen.

Auch wir in Österreich können viel bewegen. Derzeit – und so spanne ich den Bogen zum Beginn dieses Eintrags – werden größere Plattformen aufgebaut, die eine bessere überregionaler koordinierte Unterstützung zulassen. Viele Infos gibt es bereits jetzt u. a. hier:

3 Kommentare zu „BloggerInnen für Flüchtlinge – Menschen für Menschen. (m)ein Beitrag: „Flucht.Perspektiven“

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